Montag, 23. Juli 2007

Sauberer Sport

ARD und ZDF sind vorläufig aus der Tour de France-Berichterstattung ausgestiegen. Auslöser für diesen Ausstieg ist die positive Dopingprobe von Patrik Sinkewitz bei einer Trainingskontrolle vom 8. Mai. Immerhin wird dieses Ergebnis am 17. Juli - während der Tour de France - kommuniziert: fast 11 Wochen nach dem Test. Ein solcher Test ist nicht kurzfristig durchführbar, das ist ja bekannt, aber mehr als drei Wochen benötigt ein solcher Test nicht. Mir hat noch keiner halbwegs vernünftig erklärt, warum die Veröffentlichung dreimal so lange gedauert hat. Die Bekanntgabe des Ergebnisses vor dem Start der Tour de France hätte sicher auch für einigen Wirbel gesorgt, aber ich vermute, sie hätte nicht zum Ausstieg von ARD und ZDF geführt.

Ich halte diesen Ausstieg von ARD und ZDF für falsch und wundere mich nicht über die Übernahme der Berichterstattung von SAT 1 - wie dies Mick "beklagt". Ich finde diese Entscheidung auch nicht "konsequent" wie dies der Deutsche Journalisten Verband bewertet.

Die Begründung von ARD und ZDF "Wir wollen einen sauberen Sport" mag ja ein richtiges Ansinnen sein, aber dann ist es auch wirklich konsequent durchzusetzen: nämlich keine Fernsehübertragung von unter Dopingverdacht stehenden Sportart. Also neben dem Radsport auch keine Leichtathletik, kein Schwimmen, kein Skilanglauf und kein Fussball usw. Das fände ich konsequent.

Die Frage, dürfen öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten tatsächlich Ereignisse "boykotieren", ist auf jeden Fall mit dieser Handlung nicht wirklich beantwortet. Okay, ARD und ZDF haben die nachrichtliche Grundversorgung der Tour de France zugesagt. Als Gebührenzahler reicht mir das eigentlich nicht. ARD und ZDF haben die Übertragungsrechte der Tour de France gekauft - und als Gebührenzahler sind auch Anteile von mir dabei. Mit ihrem Ausstieg haben ARD und ZDF nach meiner Auffassung kein Anrecht, hier Geld zurück zu fordern. Und SAT1 wird nicht den vollen Preis bezahlt haben - aber darüber sind keine gesicherten Informationen zu bekommen. Letztlich ist dies ein Fall von Gebühren "Verschleuderung". Was mich jedoch am meisten ärgert, ist, dass ich die Tour de France immer noch live verfolgen kann (bei SAT1 oder Eurosport) allerdings Informationen zum Sport-Doping nicht so umfangreich erkärt und präsentiert bekomme, wie dies bei ARD und ZDF der Fall war. In der ordentlichen journalitischen Recherche - gerade auch rund um den Sport - liegt eine Stärke des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den ich jetzt nicht mehr angeboten bekomme. Nach meiner Meinung hätte ARD und ZDF mit ihrer Berichterstattung wesentlich mehr für einen sauberen Sport, für die Sensibilisierung der Zuschauer/innen erreicht als mit dem Ausstieg.

Die Erklärung von ARD-Programmdirektor Günter Struve in der Tagesschau: "Wir haben den Radsport gewarnt und sind erneut enttäuscht worden", reicht mir nicht aus. Was wird als nächstes kommen? Wird die ARD Terroristen warnen und bei Enttäuschung nicht mehr darüber berichten. Oder werden deutsche Politiker/innen verwarnt, nicht mehr die Unwahrheit zu sagen und wenn es doch dazu kommt, gibt es keine Politikberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Wer jetzt entgegenhält, das hätte eine andere Qualität; aber wer legt diese Qualitätsstufe fest. Warum wird ARD und ZDF weiterhin von Leichtathletik oder Fussball berichtet, weil es dort kein Doping gibt oder weil dort das Doping unter den Teppich gekehrt wird? Beim Fussball könnte es natürlich auch daran liegen, dass der Aufschrei der Fans wesentlich lauter wäre, als beim Radsport. Aber etwas ist nicht richtiger, weil mehr Menschen laut aufschreien - es wird auch nicht richtiger, weil es kein echtes Aufbäumen gibt.

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